Können Sie sich noch an die Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor drei Jahren erinnern? Mit viel Tamtam wurde damals Angst und Schrecken im Mittelstand verbreitet. Der Versand von Kundennewslettern ohne explizite Einwilligung galt schon fast als Schwerverbrechen. Und heute? Im Zuge von Corona liegen persönliche Daten fast an jeder Ecke rum. Die Maßstäbe haben sich verschoben. Doch auch sonst geht die Überwachung munter weiter.
Digitale Überwachung im Alltag
Die digitale Überwachung schreitet voran. Kameras und Sensoren nehmen im öffentlichen Raum, in Geschäften, Gebäuden und Fahrzeugen zu. Hier ein kurzer Überblick:
- Digital am Point-of-Sale: Die Läden der Zukunft haben keine Kassen und kein Personal mehr. Amazon geht dabei mit dem eigenen Supermarkt Amazon Go wie immer voran. Doch auch in unseren Gefilden haben Anbieter wie Lidl, Tegut, Fielmann, Bonprix, Decathlon und Würth in der Zwischenzeit digitale Superstores, in denen Kameras, Sensoren, Gesichtserkennung und digitale Kassensysteme in Hülle und Fülle installiert sind. Anbieter wie Urbanbird und The Latest setzen mit dem neuen Showrooming-Konzept explizit auf digitale Marktforschung.
- Digitales Auto: Im Auto der Zukunft, das bei Tesla schon weit gediehen ist, überwachen Kameras und Sensoren nicht nur den Straßenverkehr, um auch autonomes Fahren zu ermöglichen. Nein, auch die Fahrer werden durch Kameras und Sensoren im Innenraum sowie durch Navigationssysteme permanent überwacht.
- Smart Buildings: Wenn sich Gäste, Kunden und Mitarbeiter z. B. in Hotels, Fitnessstudios und Büros mit ihren persönlichen Identifikationsausweisen einchecken, dann können Kameras und Sensoren auch persönliche Daten wie Laufwege, Verweildauern und Verbraucherverhalten erfassen.
- Geo-Targeting: Die Marketingbranche versucht, die Standorte von Verbrauchern zu lokalisieren, um dann zielgerichtet Werbung von Geschäften in der Nähe einzuspielen und Verbraucher in die Läden zu locken.
Was ist rechtlich eigentlich erlaubt?
Der Datenschutz wurde durch die Infektionsschutzverordnung explizit ausgehebelt. Eigentlich ist die Erfassung personenbezogener Daten nur nach vorheriger umfassender Aufklärung und nach ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Ein lediglich berechtigtes Interesse von Unternehmen zählt nicht. Auf der sicheren Seite ist man als Anbieter nach Einschätzung von Experten, wenn zur „Überwachung“ eine App notwendig ist, die Kunden vorher herunterladen und dort ausdrücklich eine Einverständniserklärung abgeben.
Erlaubt ist dagegen grundsätzlich die Erfassung anonymer, nicht personenbezogener Daten. Dazu gehören sogenannte Footfall-Messungen, also z.B. die Erfassung von Besucherströmen durch Sensoren oder Lichtschranken auf Rolltreppen, bei Präsenzmessen und in Einkaufszonen.
Was bleibt?
Man kann den Eindruck gewinnen, dass die derzeitige Aufweichung des Datenschutzes nach chinesischem Vorbild im Interesse der großen Digitalkonzerne aus dem Silicon Valley ist. Denn mit personenbezogenen Daten rund um Gesundheit, Mobilität und Finanzen, die zudem noch auf US-Servern gespeichert sind, zu denen die US-Geheimdienste wie die NSA Zugriff haben, lässt sich viel Geld verdienen.
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