Die Diskussionen in Politik und Wirtschaft drehen sich aktuell vor allem um die möglichen Folgen eines Embargos von russischem Gas und Öl, das schwerwiegende Folgen für die deutsche Wirtschaft haben würde. Nach Ansicht der Deutschen Bundesbank gäbe es 2022 dann statt eines Wachstums des Bruttoinlandsproduktes von 3 % einen Rückgang von mindestens 2 %. Die Bundesregierung unterstützt mittlerweile im Rahmen des 6. Sanktionspakets den Boykott russischer Öllieferungen. Hier noch weitere Meldungen.
Positive Tendenzen
Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im April erfreulicherweise von 90,8 Punkte im März auf 91,8 Punkte gestiegen. Der erste Schock des Ukraine-Krieges scheint damit verarbeitet zu sein.
Der Arbeitsmarkt entspannt sich. Inzwischen ist die Beschäftigung wieder so hoch wie vor der Corona-Krise. Allerdings wird die Frühjahrsbelebung durch den Ukraine-Krieg gebremst, so die Bundesagentur für Arbeit. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 auf 5 %.
Die Bundesregierung hat die Mittel für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) auf 620 Mio. Euro für 2022 aufgestockt, nachdem im letzten Oktober plötzlich ein Antragsstopp verhängt wurde. Zusätzlich haben die Bundesregierung und die KfW beschlossen, das neue Sonderprogramm UBR (Ukraine, Belarus, Russland) einzuführen, um Unternehmen zu stützen, die von den Folgen des Ukraine-Krieges betroffen sind.
Krisenfaktoren
Die Verbraucherpreise sind im April 2022 um 7,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Dies sind nur 0,1 %-Punkte mehr als im März. Laut Landesbetrieb IT.NRW sind die Verbraucherpreise vor allem für Nudeln (+ 12,6 %), Butter (+11,8 %) und Speisefette (12,2 %) deutlich gestiegen. Verbilligt haben sich hingegen Tomaten (- 28,9 %) und Paprika (- 12,8 %).
Die Erzeugerpreise verzeichneten im April ein Plus von 33,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Das ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebung. Mit einem Anstieg von 87,3 % gegenüber dem Vorjahresmonat haben die Energiepreise daran einen großen Anteil. Am höchsten ist der Anstieg beim Erdgas mit 154,8 % gegenüber April 2021. Strom hat sich um 87,7 % und Mineralöl um 53,9 % verteuert.
Seit Januar ist der Wert des Euros gegenüber dem Dollar kräftig gesunken. Manche Währungsexperten sehen bereits in naher Zukunft eine Parität zwischen beiden Währungen. Für deutsche Exporteure ist das gut, da sich dann ihre Waren und Dienstleistungen im Ausland verbilligen. Für den deutschen Binnenmarkt ist es eine problematische Entwicklung, da ausländische Importgüter teurer werden und die inländische Inflation weiter anheizen.
Nach Einschätzung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2022 vor allem wegen des Ukraine-Krieges nur um 1,8 % wachsen. In den USA, Hauptabnehmerland deutscher Exporte mit einem Volumen von über 120 Mrd. Euro, ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2022 überraschend sogar um 1,4 % gefallen. Dafür verzeichnet China im ersten Quartal 2022 ein BIP-Plus von 4,8 %. Die Lage wird sich dort jedoch durch die Shanghai-Lockdowns im zweiten Quartal eher verschlechtern.
Obwohl der Fokus derzeit auf dem Ukraine-Krieg liegt, sollte die Corona-Lage in China nicht aus dem Blickfeld geraten. Dort braut sich mit dem Shanghai-Lockdown seit Anfang April eine neue Lieferkettenkrise zusammen. Die Wartezeiten der Schiffe sind um rund 150 % gestiegen. Hafenarbeiter sind in Quarantäne, Lkws können Waren nicht mehr weiter transportieren. Bleibt zu hoffen, dass sich die Lage dort bald entspannt und sich die Lockdowns nicht auf andere chinesische Hafenstädte ausweiten.
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