Politik als Erfolgsrisiko

Prof. Hans-Werner Sinn spricht Klartext

iStock, Deagreez

Das ifo-Geschäftsklima in Deutschland sinkt und sinkt. Immer mehr Mittelständler erkennen, das ihr zukünftiger Erfolg auch durch politisches Handeln gefährdet ist. Deutschlands renommiertester Ökonom und Bestseller-Autor Prof. Dr. Hans-Werner Sinn legt gerne den Finger in die Wunde und hat die Fehlentwicklungen wieder jüngst in einem kritischen Vortrag bei der Volksbank Pirna auf den Punkt gebracht. Hier die Quintessenz. Hier ein weiterer Vortrag von Prof. Sinn mit ähnlichem Inhalt.

Deindustrialisierung schreitet voran

Die deutsche Industrieproduktion ist seit 2018 im Schnitt um 15 Prozent zurückgegangen. Das ist bitter, verschwinden mit ihr auch gut bezahlte Industriearbeitsplätze. Besonders gebeutelt ist die Automobilindustrie, die durch die politisch gewollte Abkehr von Verbrennermotoren in Schieflage gerät, weil E-Autos derzeit kaum gekauft und auf Halde produziert werden. Auch in der chemischen Industrie, auch ein wichtiger Sektor in Deutschland, wandern immer mehr Unternehmen ab und investieren in China (z. B. BASF), Osteuropa oder in den USA. Folglich stagniert die deutsche Wirtschaft. Die Rezession wird derzeit durch staatliche Aktivitäten kaschiert.

Hohe Energiepreise in Deutschland

Hauptgrund für die Deindustrialisierung sind die hohen Energiepreise in Deutschland. Für Prof. Sinn ist die Energiewende gescheitert. Er spricht sogar von einer extremistischen Energiepolitik. Vor allem sind die Strompreise zu hoch:

  • Durch die Abschaltung von konventionellen Kraftwerken (Kernenergie, Kohle) ist der einstmals hohe Selbstversorgungsgrad in Deutschland gesunken. Strom wird vermehrt importiert, dann ironischerweise meist aus Kernkraft- und Kohlekraftwerken der Nachbarländer. Importbedarf entsteht meist dann, wenn die Preise hoch sind.
  • Strom aus regenerativen Energiequellen produzieren durch Dunkelflauten generell Flatterstrom. Eine doppelte Infrastruktur ist daher notwendig, solange es keine Speicher gibt. Und die sind technologisch nicht in Sicht. Auch die Wasserstoffstrategie ist eher ein politisches Märchen.
  • Wenn Windkraft- und Photovoltaikanlagen an sonnenreichen und windstarken Tagen zu viel Strom produzieren, dann muss der Überschuss an das Ausland zu Negativpreisen abgegeben werden. Wenn zudem Anlagen in Deutschland abgeschaltet werden, erhalten die Betreiber trotzdem Geld (sogenannter Phantomstrom).
  • Strom in Deutschland wird weiterhin durch offene und versteckte Subventionen und CO2-Abgaben verteuert. 

Den Todesstoß erhält die deutsche Industrie dann, wenn sie ihre Produktion je nachdem, ob die Sonne scheint oder der Wind weht, an- und ausschalten (flexibilisieren) oder zu hohen Preisen in Engpasszeiten kaufen soll. Solche Ideen stehen im Strommarktdesign der Zukunft.

Utopische Klimaziele

Klimapolitik ist nach Prof. Sinn notwendig, aber nicht in fast sozialistischer Manier wie derzeit. Klimaziele wie eine angestrebte CO2-Null-Emission sind utopisch. Sie sind ökonomisch auch unsinnig, wenn Brennstoffe im Visier sind, die an den Weltmärkten gehandelt werden. Jede Reduktion in Deutschland z. B. durch Verbrennerverbote wird den Weltmarktpreis reduzieren und die Nachfrage in anderen Ländern ankurbeln.

Außerdem ist der Anteil von Deutschland am weltweiten CO2-Ausstoss mit 2 Prozent sehr gering. Ein alleiniges Vorpreschen von Deutschland ist rein ideologisch motiviert und zerstört offenbar nur zur Freude von Konkurrenznationen die deutsche Industrie. Sinnvoll wäre daher allenfalls ein Klima-Club, der alle Länder auch China und die USA bindet. 

Weitere Risiken der Politik

Prof. Sinn weist weiterhin auf die hohe Staatsverschuldung hin, die entsteht, um vor allem den ausufernden Sozialstatt zu finanzieren. Das Geld dafür kommt in Europa direkt aus der EZB-Druckerpresse über indirekte Aufkäufe von Staatsanleihen. Die dadurch entstehende Geldentwertung belastet die Bürger, aber auch die Unternehmen, weil Geschäfte kalkulatorisch unsicher werden. Nur der Staat profitiert, weil das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch Preissteigerungen wächst, die Schulden aber nominal gleich bleiben. Das führt zu sinkenden Verschuldungsquoten und zu neuem Verschuldungsspielraum.

Kostentreibende Gesetze

Vor allem der deutsche Mittelstand wird durch immer neue Gesetze traktiert. Er muss immer mehr Zeit und Personal investieren, um alle bürokratischen Vorgänge abzuarbeiten. Außerdem steigen die Risiken von zum Teil drastischen Strafzahlungen bei Gesetzesverstößen. Beispiele sind das Lieferkettengesetz, die Nachhaltigkeitsberichtserstattung und neuerdings die Entwaldungsverordnung.

Fazit

Es verwundert nicht, wenn der ifo-Geschäftsklimaindex einen Tiefpunkt erreicht hat. Der deutsche Mittelstand wartet ab und investiert lieber im Ausland. Das ist fatal für unseren Wohlstand. Es wird daher Zeit, die Hebel politisch umzulegen.

Autor: Dr. Michael A. Peschke

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