Sozialabgaben explodieren

Deutschland hat traurige Spitzenstellung

iStock, Spotmatik

Die Quote für die gesamten Sozialleistungen in Deutschland beträgt aktuell knapp 42 Prozent. Damit liegt Deutschland hinter Belgien auf Platz 2 der teuersten Länder. Das Resultat: Viele deutsche Fachkräfte wandern aus. 2023 waren es 265.000. Zudem werden ausländische Fachkräfte abgeschreckt. Und nicht zuletzt werden deutsche Unternehmen enorm belastet, da sie die Hälfte der Sozialabgaben tragen. Hier noch einige Fakten.

Entwicklung 1970-2025

Die Sozialabgaben in Deutschland umfassen Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Entwicklung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge zwischen 1970 und heute ist erschreckend: 26,5 Prozent (1970), 32,4 Prozent (1980), 35,6 Prozent (1990), 39,3 Prozent (1995), 41,9 Prozent (2000-2005), 40 Prozent (2010-2022) sowie 41,9 Prozent (2025).

Außergewöhnliche Gründe für den steilen Anstieg sind die Wiedervereinigung (1990), die Einführung der Pflegeversicherung (1995), die Sonderausgaben in der Corona-Zeit sowie die Migrationswelle mit über 15 Millionen Zuwanderungen seit 2015.

Generell steht das deutsche Sozialversicherungssystem vor erheblichen demografischen Problemen. Bis 2035 gehen rund 14 Millionen Baby Boomer in die Rente. Kritiker sprechen daher auch von einem Schneeballsystem, das zu kollabieren droht. Zumindest sind drastische Leistungskürzungen und ein höheres Renteneintrittsalter zu erwarten. 

Internationaler Vergleich

Die Abgabenlast (Steuern und Sozialabgaben) liegt bei 47,8 Prozent für Alleinstehende und 40,8 Prozent für verheiratete Paare mit Kindern. Dies ist der zweithöchste Wert unter den OECD-Staaten, nach Belgien (53 % bzw. 45,5 %). Die durchschnittliche Abgabenlast beträgt im OECD-Durchschnitt 34,6 Prozent für Alleinstehende und 29,4 Prozent für Familien mit Kindern. Die Schweiz und die USA liegen weit unter dem OECD-Durchschnitt. Die niedrigste Abgabenquote hat Irland mit nur 21,1 Prozent.

Gesundheitskosten

Aktuell liegt die Gesamtsozialabgabenquote in Deutschland bei 41,9 Prozent, wobei die Rentenversicherung 18,6 Prozent, die Krankenversicherung 14,6 Prozent (+ Zusatzbeitrag), die Pflegeversicherung 3,6 Prozent und die Arbeitslosenversicherung 2,6 Prozent ausmachen.

Schaut man sich die absoluten Ausgaben an, wird das Ausmaß der Krise deutlicher. So liegen die Gesundheitsausgaben in Deutschland bei rund 500 Mrd. Euro pro Jahr. Das entspricht 12,8 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP). Deutschland liegt damit in der EU an Nr. 1. Der EU-Durchschnitt beträgt 10,4 Prozent. Weltweit liegt Deutschland hinter den USA mit 16,6 Prozent des BIP auf Platz zwei. Die Schweiz folgt mit 11,9 Prozent.

Trotz der hohen Gesundheitsausgaben liegt die Lebenserwartung in Deutschland unter dem Durchschnitt vieler westeuropäischer Länder und hat sich in den letzten Jahrzehnten relativ verschlechtert. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag 2022 in Deutschland bei 80,55 Jahren (Männer: 78,8 Jahre; Frauen: 83,5 Jahre). Im Vergleich zum westeuropäischen Durchschnitt sterben Deutsche etwa 1,7 Jahre früher. Dieser Abstand hat sich seit dem Jahr 2000 kontinuierlich vergrößert.

Krankenkassen schlagen Alarm

Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), kritisierte jüngst die wachsenden Kosten im Gesundheitssystem und fordert grundlegende Reformen. Besonders ärgert ihn, dass gesetzlich Versicherte für staatliche Aufgaben zahlen müssen, wie die Unterfinanzierung der Gesundheitskosten von Bürgergeldempfängern oder die Krankenhausreform, die eigentlich von den Bundesländern getragen werden sollte. Diese Belastungen kosten die Beitragszahler Milliarden. Baas bemängelt ineffiziente Strukturen und Verschwendung im System, darunter unnötige Untersuchungen und doppelte Bürokratie zwischen Krankenhäusern und Kassen.

Fazit: Deutschlands Sozialsysteme wackeln bedenklich. Ohne harte Schnitte werden die gesamten, von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu tragenden Gesamtsozialausgaben in den nächsten Jahren auf strangulierende 50 Prozent hinauslaufen.

copyright hoga-professional.de

Unser Partner

Auch interessant

AIDA-Werbung

Psychologie statt Kreuzfahrt

Pflicht zur Unternehmensplanung

Mittelstand muss jetzt handeln