Multikrisen im Herbst

Risiken und Chancen für den Mittelstand

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Die Stimmung im Mittelstand trübt sich ein. Das Konjunkturbarometer des DIW (Deutsches Institut der Wirtschaft in Berlin) ist für das 3. Quartal 2022 von 92,5 auf 71,8 Punkte gefallen. 100 zeigt ein durchschnittliches Wachstum. Auch das ifo-Institut aus München berichtet von einem sich abkühlenden Geschäftsklima. Die Unsicherheit im Mittelstand wächst. Das sich über viele Jahre bewährte Geschäftsmodell Deutschlands gerät ins Wanken.

Geschäftsmodell Deutschland

Der Erfolg der deutschen Wirtschaft mit ihren vielen international erfolgreichen Konzernen und Familienunternehmen vor allem aus dem Maschinenbau, der Elektrotechnik und der chemischen Industrie basierte in den letzten Jahrzehnten insbesondere auf vier Faktoren:

  • Günstiger Einkauf: Die produzierende Industrie konnte auf preiswertes Prozessgas aus Russland und billige Produktion in China zurückgreifen. Auch hielten sich die Lohnsteigerungen in Deutschland in Grenzen. Auf dem Strommarkt herrschten in der Vergangenheit Überkapazitäten mit moderaten Strompreisen für deutsche Unternehmen.
  • Technische Exzellenz: Deutschland verfügt seit über 100 Jahren über gute technische Hochschulen, einen innovativen Mittelstand mit kreativen Ingenieuren und ein gutes duales Ausbildungssystem für Fachkräfte. Daher sind z. B. über 1000 Mittelständler in ihren technologischen Nischen Weltmarktführer.
  • Regionale Finanzierung: Studien zeigen, dass Nationen besonders erfolgreich sind, wenn sie über ein dezentrales Bankensystem verfügen, das mit den Anforderungen des regionalen Mittelstands vertraut ist und die Unternehmer/innen persönlich bekannt sind. Die Volksbanken- und Raiffeisenbanken sind hierfür ein besonders gutes Beispiel.
  • Schwacher Euro: Der Euro hat seit der Finanzkrise 2008 tendenziell gegenüber dem Dollar abgewertet. Dadurch wurden deutsche Qualitätsprodukte international preiswerter. Die Exportwirtschaft boomte. Die deutschen Handelsbilanzüberschüsse wuchsen, auch zum Leidwesen der importierenden Länder wie die USA.

Krisen häufen sich

Seit fast 15 Jahren häufen sich die Krisen. Nach der großen Finanzkrise 2008 folgten die Eurokrise mit der Griechenlandrettung, Fukushima mit der drastischen Energiewende, Migrationsströme seit 2015 und die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns und Störungen der internationalen Lieferketten. Als sei dies nicht genug, führen die Sanktionen Russlands als Reaktion auf den Ukraine-Krieg zu neuen Verwerfungen. Der Mittelstand ist nun mit vielen Problemen gleichzeitig konfrontiert: Inflation, Lieferkettenstörungen, Energieunsicherheit, Fachkräftemangel, politisch induzierter Strukturwandel (z. B. in der Automobilindustrie), neue Eurokrise und drohende Bonitätsprobleme bei Lieferanten und Kunden.

Chancen jetzt ergreifen

Jede Krise birgt aber auch gute Chancen für all diejenigen, die strategisch denken, neue Trends erkennen und risikobereit sind. Die Digitalisierung, die globalen ESG-Ziele (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung), Gentechnologien und die sich derzeit abzeichnende Re-Regionalisierung der globalen Lieferketten schaffen neue interessante Märkte. Der Strukturwandel ist im vollen Gange. Die Bundesregierung unterstützt die Unternehmen dabei u.a. durch die Neuauflage des über 600 Millionen Euro schweren Förderprogramms „ZIM – Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“.

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