Wer weiß denn sowas?

Aufgepasst bei Darlehens- und Bierlieferungsverträgen

Aufgrund der hohen Nachfrage bezgl. des Artikels - Veröffentlichung im Fachorgan Gastrotel und Partnermagazin Westfalium - stellen wir Ihnen diesen gerne noch einmal zur Verfügung.

Dass diese Frage einmal für das Gastgewerbe interessant werden könnte, damit haben wohl die wenigsten gerechnet.

Bei einer aktuellen TV-Ausstrahlung stellte sich die Frage, warum die Einwohner einer Kleinstadt einen Schadensersatz in fünfstelliger Höhe zahlen mussten.

Die richtige Antwort lautete:

Weil die Einwohner dieser Stadt zu wenig Bier getrunken hatten. Zumindest Insidern war diese Möglichkeit durchaus bekannt, findet sie sich jedoch mittlerweile in einer Vielzahl von Verfahren wieder.

Hintergrund ist folgender:

Irgendwann möchte ein Gastronom eine größere Investition tätigen. Er erbittet sich ein hierzu benötigtes Darlehen von einer Brauerei.

Die Brauerei gewährt das Darlehen auf Grundlage eines von ihr vorgefertigten Darlehens- und Bierlieferungsvertrages. Eine häufige Gestaltung des Vertrages besteht in einer festen Laufzeit mit Tilgungen auf das Darlehen in Kombination mit der Abnahme einer festgelegten Bezugsmenge an Bier, die (mit und ohne Rückvergütung) abzurufen und zu bezahlen ist.

In einer größeren Anzahl von Fällen werden hierbei Hektoliterzahlen festgelegt, die der Betrieb bereits in der Vergangenheit nicht erwirtschaftet hat und damit auch in der Zukunft absehbar nicht erreichen kann.

Ist der Vertrag dann ausgelaufen und wurde die vorgegebene Bezugsmenge nicht erreicht (obwohl das Darlehen nebst Zinsen zurückgezahlt ist), macht die Brauerei für das Defizit zwischen vereinbarter und tatsächlicher Abnahmemenge Schadensersatzansprüche geltend und lässt sich mithin die nicht abgenommenen Biermengen zusätzlich vergüten.

So verhielt es sich auch in dem hier angesprochenen Fall.

Bislang waren Verfahren, in denen Brauereiunternehmen die Gastronomen in Anspruch genommen und ihre Forderung sogar gerichtlich anhängig gemacht haben, eher die Ausnahme. Insbesondere die großen Brauereien aus Westfalen bildeten hier eine rühmliche Ausnahme.

Dieser Grundsatz wurde nunmehr aber durch eine Brauerei aus dem südlichen Westfalen, welche sich bisher als sehr gastronomiefreundlich erwiesen hatte, durchbrochen.

Mit einer Schadenersatzforderung von 62.384 € (!!!) wegen nicht abgenommener Biermengen (dies mit Schreiben vom 14.07.2020 und einer Fristsetzung bis zum 31.07.2020 – während der Corona-Zeit), ging die Brauerei zunächst außergerichtlich und dann gerichtlich gegen das DEHOGA Mitglied vor.

Glücklicherweise wurde unser Mitgliedsunternehmen dann durch die sehr versierte Rechtsanwaltskanzlei Discher und Discher aus Werl vertreten und diese hat genau herausgearbeitet, worin die Defizite bei einem derartigen Vertrag und einer solchen Verfahrensweise bestehen, so dass es zu dem für unser Mitglied erfreulichen Ergebnis kam, dass man letztendlich nur rund 15.000 € zu zahlen hatte.

Der Vorfall zeigt, dass es nicht nur wichtig ist, vor Abschluss von Darlehens- und Bierlieferungsverträgen die Vertragsbedingungen prüfen zu lassen, sondern sich auch mit den abzunehmenden Biermengen gründlich auseinanderzusetzen.

Gerade kleinere Gastronomiebetriebe tendieren dazu, ihre Verkaufszahlen schön zu rechnen und/oder unrealistische Bezugsmengen zu akzeptieren, um letztendlich erfolgreich ein Darlehen in Anspruch nehmen zu können.

Wie trügerisch und risikoreich der Abschluss solcher Verträge dann sein kann, zeigt der hier präsentierte Fall eindrucksvoll.

Es ist daher dringend zu empfehlen, den eigenen möglichen Absatz an Bier sorgfältig und selbstkritisch zu prüfen und auf Grundlage realistischer Zahlen in die Verhandlungen mit der Brauerei einzusteigen und damit aktiv an der Vertragsgestaltung mitzuwirken. Hierbei sollte man sich auch nicht scheuen, in Zweifelsfällen die Brauerei um eine gutachterliche betriebswirtschaftliche Auswertung und Prognose der künftigen Absatzzahlen zu ersuchen.

Schon in Zeiten, als eine Marktanalyse über die Bierpreise durchgeführt wurde, hat sich gezeigt, dass der Unterschied bei den Bierpreisen für gebundene Gastronomen teilweise dreimal höher liegt als bei einem freien Unternehmer. Verallgemeinern darf man so eine Aussage zwar nicht, gleichwohl können Betriebe mit einem großen Bierumsatz erfahrungsgemäß tendenziell bessere Konditionen aushandeln, als Unternehmer mit einem Bierumsatz von unter 100 hl pro Jahr.

Dass aber bei kleinen Speiserestaurants der Bierpreis um 100 % je nach Verleger schwankt, ist nicht hinzunehmen und erweist sich dann ein Brauereikredit oder der eines Getränkeverlegers oftmals als die teuerste Lösung für das Unternehmen.

Deshalb gilt abschließend der Appell: „Drum prüfe wer sich lange bindet, ob sich nicht vielleicht etwas Besseres findet“.

In einer besseren Verhandlungsposition mit Brauereien befindet man sich, wenn man sich vor Vertragsschluss bereits fachlicher Hilfe bedient. Hier sind nicht nur versierte und spezialisierte Rechtsanwälte empfehlenswert, sondern auch der DEHOGA unterstützt mit seinen kompetenten Ansprechpartnern sehr gerne seine Mitglieder.

Ulrich Discher, Discher & Discher. Rechtsanwälte

copyright hoga-professional.de

Unser Partner

Auch interessant

Jugend in Deutschland 2024

Was die Generation Z aktuell bewegt

Google-SEO-Update

Wie die Suchmaschine jetzt funktioniert